Fragen, die immer wieder gestellt werden

Die zwanzig meistgestellten Fragen zum Markusevangelium (Grundlegend überarbeitet in Anlehnung an Rico Tice, The ID Course, UCCF 2000; S.108ff)

  1. Was sind Dämonen? (Mk 1,23-27/ID 05:03-04)
  2. Warum gebietet Jesus Menschen, die er heilt, niemandem etwas davon zu sagen? (Mk 1,34/ID 06:01; 7,36/ID 22:03) Warum gebietet Jesus Petrus, sein Bekenntnis zunächst für sich zu behalten? (Mk 8,30/ID 24:04)
  3. Warum nannte Jesus sich selbst "Menschensohn"?
  4. Neuer Stoff, altes Kleid; neuer Wein, alte Schläuche (Mk 2,21-22/ID 08:04)
  5. Was ist die "ewige Sünde"? (Mk 3,29/ID 11:02)
     
  6. Warum hat Jesus in Gleichnissen gelehrt? (Mk 4,10-12/ID 12:02)
  7. Hatte Jesus Brüder und Schwestern? (Mk 6,3/ID 16:04)
  8. "...den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen"? (Mk 7,24-30/ID 22:01-02)
  9. Was ist der Sauerteig der Pharisäer und der Sauerteig des Herodes? (Mk 8,15/ID 23:04)
  10. "Versteht ihr immer noch nichts?" (Mk 8,17-21/ID 23:04-24:02)
     
  11. Was ist "...das Reich Gottes[, das] in seiner Macht [kommt]" (Mk 9,1/ID 25:03)
  12. Wer ist Elia? (Mk 9,11-13/ID 27:03-04)
  13. Was ist gemeint mit "die Hand abhauen..."? (Mk 9,43-48/ID 29:03-04)
  14. Scheidung - was sagt Jesus dazu? (Mk 10,1-12/ID 30:01-03)
  15. Warum hat Jesus den Feigenbaum verflucht? (Mk 11,12-14. 20-25/ID 33:04. 34:02-03)
     
  16. Eine Braut für sieben Brüder? (Mk 12,18-27/ID 36:02-37:01)
  17. Was ist das "Gräuel der Entweihung"? (Mk 13,14/ID 39:01)
  18. Warum kannte Jesus nicht den Zeitpunkt seiner eigenen Wiederkunft? (Mk 13,32/ID 40:01-02)
  19. War die Dunkelheit eine Sonnenfinsternis? (Mk 15,33/ID 46:03)
  20. Wie lässt sich das Ende des Markusevangeliums erklären? (Mk 16/ID 47:03-48:04)

1. Was sind Dämonen? (Mk 1,23-27/ID 05:03-04)

In der Bibel wird die Realität einer nicht sichtbaren geistlichen Welt ernst genommen. Diese geistliche Welt hat neben einer guten auch eine böse, zerstörerische Seite. Menschliches Fehlverhalten ist nicht die einzige Quelle des Unheils, es gibt auch eine Eigendynamik des Bösen, die Menschen wie eine von außen kommende Kraft ergreifen kann. Diese Kraft wird in der Bibel als dämonisch gekennzeichnet. Wesentlich ist hier die Vorstellung von Satan als einem gefallenen Engel, also einem ursprünglich von Gott geschaffenen Wesen, das sich aber gegen Gott gewandt hat. Diese Vorstellung findet sich nicht explizit in der Bibel, ist allerdings eine Hilfe, um die biblischen Aussagen über Satan und Dämonen einzuordnen. Entscheidend ist, dass die Dämonen immer schon verloren haben, sie haben gegen Gott keine Chance. Das Neue Testament berichtet vergleichsweise zurückhaltend über sie; im Markusevangelium werden sie letztlich nur erwähnt, um dann zu berichten, dass Jesus sie austreibt und damit seine göttliche Verfügungsgewalt unter Beweis stellt.

2. Warum gebietet Jesus Menschen, die er heilt, niemandem etwas davon zu sagen? (Mk 1,34/ID 06:01; 7,36/ID 22:03) Warum gebietet Jesus Petrus, sein Bekenntnis zunächst für sich zu behalten? (Mk 8,30/ID 24:04)

Die Identität von Jesus wird erst mit Kreuz und Auferstehung unmissverständlich. Vorher ist Jesus bewusst zurückhaltend, um nicht falschen Erwartungen zu entsprechen. Z.B. die Erwartung nach einem Messias als reinem Wundertäter oder als politischem Befreier, der mit militärischer Gewalt operieren wird. Die Macht von Jesus aber ist nicht nur größer, sie ist anders - sie wirkt vor allem durch seine scheinbare Ohnmacht, durch das Kreuz, an dem er durch seinen stellvertretenden Tod die Rettung der Welt erwirkt. Der Unverständnis des Petrus nach der ersten Leidensankündigung zeigt, wie wichtig diese Klarstellung ist (Mk 8,32/ID 25:01). Nicht zufällig ist es zum ersten Mal unter dem Kreuz, dass ein anderer Mensch Jesus ausdrücklich als Sohn Gottes anerkennt (Mk 15,39/ID 46:04). Erst jetzt wird deutlich, wer er ist und worin seine Gottessohnschaft besteht.

3. Warum nannte Jesus sich selbst "Menschensohn"?

"Menschensohn" ist der Titel, den Jesus besonders oft in Bezug auf sich selbst verwendet. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe:

Zum einen hatten viele der Zeitgenossen von Jesus eine falsche Vorstellung davon, was der Messias (d.h. der Christus) tun würde (siehe 2.). Wenn Jesus sich selbst unmittelbar und ohne Erläuterung als Messias bezeichnet hätte, hätte das also zu noch mehr Missverständnissen geführt als ohnehin auftraten. Der Titel des Menschensohns entstammt ebenfalls einer alttestamentlichen Verheißung (s.u.), war aber zur Zeit von Jesus weniger mit ganz bestimmten, auch irreführenden Erwartungen behaftet.

Zum andern stammt das Wort aus dem altestamentlichen Prophetenbuch Daniel, Kap.7,13-14. Hier ist der "Menschensohn" Gottes König, der in Ewigkeit über alle herrschen wird; er wird kommen als der Richter der gesamten Welt beim letzten Gericht. Das deutet bereits darauf hin, dass er selbst nicht schon in dieser Welt zum König gekrönt wird. Genau darum geht es Jesus selbst in seiner Unterweisung und seiner Ankündigung: Er ist Gottes auserwählter König, der in dieser Welt jedoch zunächst leiden und sterben muss. Von daher ist "Menschensohn" eine vollständigere und genauere Bezeichnung dafür, wer Jesus ist.

4. Neuer Stoff, altes Kleid; neuer Wein, alte Schläuche (Mk 2,21-22/ID 08:04)

Die Menschen kritisierten an Jesus, dass er die religiösen Regeln und Traditionen seiner Zeit nicht beachtete (Mk 2,18/ID 08:03). Die Pharisäer hatten im wörtlichen Sinne Tausende von Gesetzen und religiösen Bestimmungen, und sie lehrten, dass man diese vielen Regeln peinlich genau einhalten musste, um Gott zu gefallen.

Jesus erklärte nun, dass der Glaube, den er brachte, nicht einfach in diese gesetzliche Religiosität "eingepasst" werden konnte. Er kam, um eine lebendige Beziehung mit Gott zu bringen; nicht Regeln; Gnade, Liebe und Frieden, nicht religiöse Formularien.

Christsein ist kein Regelsystem, sondern eine persönliche Beziehung mit dem lebendigen Gott.

5. Was ist die "ewige Sünde"? (Mk 3,29/ID 11:02)

Hier ist der Kontext der Schlüssel. Die religiösen Autoritäten hatten die Wunder von Jesus selbst erlebt und seine Lehre selbst gehört. Wie auch immer sie Jesus bewerteten: "Er steht im Bund mit Beelzebul" (Mk 3,22/ID 10:04) - ein alter Name für den Teufel.

Sie hatten ihr Herz gegenüber dem Wirken des Geistes Gottes durch den Dienst von Jesus verhärtet. Diese dauerhaft widerständige Grundhaltung, die niemals zur Umkehr bereit ist, ist die "Lästerung gegen den Heiligen Geist" (Mk 3,29/ID 11:02). Das hat nichts damit zu tun, den Heiligen Geist zu beschimpfen - ganz einfach ausgedrückt heißt es, den Anspruch von Jesus auf das Herz und Leben eines Menschen dauerhaft und beständig zurückzuweisen. Dafür kann es keine Vergebung geben, denn wer das tut, hat die einzige Möglichkeit zur Vergebung, die Gott uns gegeben hat, abgelehnt. Natürlich ist dies nur so lange unvergebbar, wie ein Mensch in dieser Grundhaltung verharrt. Viele der religiösen Autoritäten, die sich hier gegen Jesus sperrten, kehrten später tatsächlich um und ihnen wurde vergeben (Apostelgeschichte 6,7).

6. Warum hat Jesus in Gleichnissen gelehrt? (Mk 4,10-12/ID 12:02)

Viele Menschen haben Schwierigkeiten mit diesem Text. Oberflächlich betrachtet klingt er so, als ob Jesus in Gleichnissen redete, damit seine Zuhörer ihn nicht verstehen, was sehr erstaunlich wäre. Wir müssen allerdings beachten, dass hier von zwei Gruppen die Rede ist: den Jüngern und den "Außenstehenden". Die Jünger sind durch die Gleichnisse angesprochen und geistlich in Gang gesetzt worden, daher bewegen sie sich auf Jesus zu. Darin liegt schon ein geistliches Prinzip - "wer hat, dem wird gegeben". Für bloße Zuhörer allerdings, die sich nicht persönlich auf das Gehörte einlassen, bleiben die Gleichnisse nicht mehr als ansprechende Geschichten. Sie "hören, aber verstehen nicht."

7. Hatte Jesus Brüder und Schwestern? (Mk 6,3/ID 16:04)

Dieser Text erwähnt vier Brüder namentlich und mindestens zwei Schwestern. Anscheinend war es der "Jakobus", der den gleichnamigen Brief im Neuen Testament verfasst hat. Das waren also die natürlichen Kinder von Joseph und Maria, die nach der Geburt von Jesus auf die Welt kamen. Siehe auch Mk 3,32/ID 11:02. Damit beantwortet sich auch die Frage, ob Maria nach der Geburt von Jesus Jungfrau blieb. Auch mit Matthäus 1,25 ist sicher davon auszugehen, dass Joseph und Maria nach der Geburt von Jesus eine normale Ehe und normale geschlechtliche Beziehung hatten.

8. "...den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen"? (Mk 7,24-30/ID 22:01-02)

Der Schlüssel für diesen schwierigen Text ist die Tatsache, dass die beschriebene Frau keine Jüdin war, sondern eine Nicht-Jüdin aus der heidnischen Stadt Tyrus (Mk 7,24-26/ID 22:01). Zu diesem Zeitpunkt war der Dienst von Jesus ausschließlich für die Juden bestimmt, die erwählten Nachkommen von Abraham. Während dieser Zeit verbot er seinen Jüngern, Heiden oder Samaritanern zu predigen (Mt 10,5).

Der Ausdruck "Kinder" in V.27/ID 22:01 bezieht sich auf die Juden, "Hund" dagegen war zu dieser Zeit eine wenig schmeichelhafte, aber übliche Bezeichnung für jeden Heiden. D.h., Jesus sagt eigentlich: "Es ist nicht recht, den Juden das zu nehmen, was ihnen gehört, und es euch Heiden zu geben."

Entsprechend sagt die Frau mit ihrer Antwort in V.28/ID 22:02 auch: "Ja, Herr - ich erkenne an, dass ich als heidnische Frau keinen Anspruch auf dich habe, den jüdischen Messias. Aber schenk mir doch bitte ein paar Augenblicke deiner Zeit, um dich mit meinem Problem zu befassen!"

Jesus ist beeindruckt von ihrem Glauben und geht auf ihre Bitte ein (Matthäus 15,28). Dass er als jüdischer Rabbi mit sich reden lässt - sich sogar umstimmen lässt, und das von einer nicht-jüdischen Frau, ist das Erstaunliche an diesem Text; nicht die vorangehende Einschränkung.

Mit dem Missionsauftrag nach der Auferstehung wird schließlich deutlich, dass Jesus für alle Menschen da ist (Mt 28,18-20). Aber auch vor der Auferstehung scheint immer wieder durch, dass seine Fürsorge keine Grenzen kennt (siehe z.B. das Gespräch mit der Samaritanerin in Johannes 4).

9. Was ist der Sauerteig der Pharisäer und der Sauerteig des Herodes? (Mk 8,15/ID 23:04)

"Sauerteig" steht für "Einfluss". Schon eine winzige Menge Sauerteig hat eine große Auswirkung auf eine größere Menge Brot, daher warnt Jesus vor dem "Sauerteig" der Pharisäer und des Königs Herodes. Die Pharisäer waren die einflussreichste Partei zur Zeit von Jesus, obwohl sie nur eine kleine Anzahl waren. Sie lehrten, dass nur die rigorose Einhaltung des Gesetzes zu Gott führte. Jesus nannte sie "Heuchler" bzw. "Schauspieler", da sie ihre Religiosität und Selbstgerechtigkeit gerne öffentlich zur Schau stellten.

Zum Sauerteig des Herodes schreibt ein Ausleger des Textes: "Der Sauerteig des Herodes steht für Ehebruch, Mord, leichtfertige Verfluchung, affektierte Frömmigkeit und Hass gegen Christus und seinen Vorgänger (Johannes den Täufer)."

Jesus warnt also vor bloß äußerlicher religiöser Schauspielerei (Pharisäer) und rabiater Weltlichkeit (Herodes). Im Gegensatz dazu geht es ihm um eine echte Umgestaltung im Inneren, um das Geistliche und das Ewige. Wenn die Jünger zulassen, vom weltlichen Denken der Pharisäer und des Herodes beeinflusst zu werden, werden sie nie verstehen, wer Jesus ist.

10. "Versteht ihr immer noch nichts?" (Mk 8,17-21/ID 23:04-24:02)

Zweimal hatte Jesus großen Mengen von Menschen an einem verlassenen Ort, wo es keine Nahrung gab, zu Essen gegeben. Als Juden erinnerte sie das bestimmt daran, wie Gott die Kinder Israels unter der Leitung des Mose ernährte, als er ihnen in der Wüste Manna gab.

Außerdem erinnerte es sie sicher an die Prophetie des Mose gegen Ende seines Lebens: "Einen Propheten wie mich wird dir der Herr, dein Gott erwecken aus dir und deinen Brüder; dem sollt ihr gehorchen." (5.Mose 18,15) Konnten die Jünger nun immer noch nicht verstehen, dass Jesus der angekündigte Prophet nach Art des Mose, ja dass er der verheißene Messias war? Es ist vielleicht kein zufall, dass im unmittelbar folgenden Abschnitt Petrus erklärt: "Du bist der Messias" (Mk 8,29/ID 24:04). Endlich ist der Groschen gefallen!

11. Was ist "...das Reich Gottes[, das] in seiner Macht [kommt]" (Mk 9,1/ID 25:03)

Das ist wahrscheinlich ein Hinweis auf die Verklärung, die unmittelbar nach diesem Text beschrieben wird (Mk 9,2-7/ID 27:01-02). Jesus hat offenbart, dass er der Menschensohn ist, der in Ewigkeit herrschen wird, aber der in dieser Welt leiden und sterben wird (Mk 8,31-38/ID 25:01-03). Um allerdings die neue Erkenntnis seiner Jünger, dass er der Christus ist (Mk 8,29/ID 24:04), zu bestätigen, verspricht Jesus ihnen so etwas wie eine Generalprobe dafür, wie es sein wird, wenn er in Macht und Herrlichkeit wiederkehrt (Mk 8,38/ID 25:03). Diesen ersten, kurzen Eindruck gibt er ihnen in der Verklärung, bei der er in seiner vollen Herrlichkeit zu sehen ist und von Gott selbst als sein geliebter Sohn anerkannt wird, auf den die Jünger hören müssen (Mk 9,7/ID 27:02).

12. Wer ist Elia? (Mk 9,11-13/ID 27:03-04)

In der letzten Aussage des Alten Testaments verheißt Gott, dass der den Propheten Elia wieder senden wird, bevor der Tag des Herrn anbricht (Maleachi 4,5-6). Elia war ein Prophet im 8.Jahrhundert vor Christus, der in der Wildnis lebte und Tierfelle und einen ledernen Gürtel trug (2.Könige 1,8).

Als Johannes der Täufer auftrat, geschah das in ähnlicher Weise (Matthäus 3,4). Jesus macht deutlich, dass Johannes die Erfüllung der Prophetie in Bezug auf Elia war.amit wird auch angezeigt, dass wie Elia auch Johannes der Prototyp des Vorläufers ist, der den Weg für Jesus ebnet.

13. Was ist gemeint mit "die Hand abhauen..."? (Mk 9,43-48/ID 29:03-04)

Jesus hat natürlich nicht gemeint, dass ein Christ körperlich die Hand oder den Fuß abhacken oder ein Auge herausreißen soll! Auf diese dramatische Weise sagt Jesus vielmehr: "Wenn irgend etwas dich davon abhält, in Gottes Reich zu kommen, ist es besser, in drastischer Weise aktiv zu werden und vielleicht auch ein Opfer zu bringen, um dieses Hindernis loszuwerden - als das Reich Gottes zu verpassen und auf ewig verloren zu gehen."

14. Scheidung - was sagt Jesus dazu? (Mk 10,1-12/ID 30:01-03)

Jesus macht deutlich, dass Scheidung dem vollkommenen Plan Gottes immer zuwiderläuft. Dieser Plan besteht seit der Schöpfung darin, dass verheiratete Menschen für ihr ganzes Leben zusammenleben sollten (Mk 10,6-9/ID 30:03; siehe 1.Mose 2,24).

Jesus betont auch, dass es Ehebruch ist, wenn Menschen die Scheidung anstreben, weil sie einen alternativen Partner gefunden haben (Mk 10,11-12/ID 30:02-03). Nur wegen der Uneinsichtigkeit der Menschen - wegen der Härte ihrer Herzen - (Mk 10,5/ID 30:02) ist die Scheidung überhaupt erlaubt. Die Gefahr ist, dass wir entweder das Zugeständnis von V.5 als Entschuldigung für bewusste Sünden missbrauchen, oder aber dass wir glauben, die Scheidung bedeute, dass man für immer aus Willen Gottes herausfällt.

Jesus Christus kam, um für alle Sünden zu sterben, für jedes Scheitern - auch für jede Scheidung. In dem Gespräch mit der Samaritanerin in Johannes 4 wusste Jesus, dass sie bereits fünf mal geschieden worden war und jetzt mit ihrem sechsten Mann zusammenlebte. Doch obwohl er das wusste, bat er ihr doch vorbehaltlos seine Annahme und Vergebung an: "Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: 'Gib mir zu trinken', dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir Quellwasser gegeben, lebendiges Wasser." (Johannes 4,10).

Wir dürfen also anderen Menschen nicht hart und verurteilend begegnen. Wie Jesus müssen wir das Wasser der Vergebung, der Reinigung und des ewigen Lebens offen und vorbehaltlos anbieten und zugleich auf den hohen Maßstab verweisen, den Gott uns für eine treue und verbindliche Ehe gegeben hat.

15. Warum hat Jesus den Feigenbaum verflucht? (Mk 11,12-14. 20-25/ID 33:04. 34:02-03)

Dieses Verhalten hat viele Leser des Evangeliums irritiert, weil es das einzige zerstörerische Wunder von Jesus war. Zwei Anmerkungen dazu:

In V.11/ID 33:04 geht Jesus in den Tempel, der ein geistliches Zentrum sein sollte. Statt dessen findet er dort geistlichen Bankrott, völligen Ausverkauf . Am nächsten Tag reinigt er den Tempel (Mk 11,15-19/ID 34:01-02). Zwischen diesen beiden Berichten findet sich die Verfluchung des Feigenbaums. Von daher könnte der Feigenbaum an dieser Stelle Israel bzw. den Tempel symbolisieren. Seine Unfruchtbarkeit steht also für geistlichen Verfall, wie Jesus ihn im Tempel vorfindet. Und dieser Verfall steht unter Gottes Urteil. Dazu passt, dass in Kap.13/ID 38:02-39:03 die Zerstörung des Tempels angekündigt wird. Diese Zerstörung durch das römische Militär ist im Jahr eingetreten, also etwa 37 Jahre später.

16. Eine Braut für sieben Brüder? (Mk 12,18-27/ID 36:02-37:01)

Was ist die Pointe dieser Fangfrage? Zur Zeit von Jesus gab es zwei bestimmende religiöse Gruppierungen: Die Pharisäer, die an ein Leben nach dem Tod glaubten, und die Sadduzäer, die den Tod für das Ende hielten - aus ihrer Sicht gab es keine Hoffnung über den Tod hinaus, keine Hoffnung auf Auferstehung (Mk 12,18/ID 36:02).

Die Sadduzäer stellten also diese Frage (Mk 12,18-23/ID 36:03-04). In seiner Antwort in Mk 12,24-27/ID 36:04-37:01 sagt Jesus zweierlei: Erstens gibt es ein Leben nach dem Tod, aber ohne die Ehe im irdischen Sinne. Das heißt nicht, dass verheiratete Paare einander im Himmel nicht mehr kennen werden. Zweitens hat Gott nicht gesagt: "Ich war der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs", sondern "Ich bin der Gott Abrahams... Ich bin immer noch ihr Gott, weil sie weiter leben!" Die Hoffnung auf die Auferstehung ist die zentrale christliche Hoffnung.

17. Was ist das "Gräuel der Entweihung"? (Mk 13,14/ID 39:01)

Die Stelle spielt auf eine Ankündigung in dem alttestamentlichen Prophetenbuch Daniel an (Daniel 9,27; 11,31; 12,1). Unter dem Einfluss Gott feindlich gesinnter Mächte wird schließlich sogar das Heiligtum Israels, der Tempel in Jerusalem entweiht werden. Am wahrscheinlichsten ist, dass sich diese Stelle auf das Vorhaben der römischen Obrigkeit in Israel um das Jahr 40 bezieht, ein heidnisches Standbild bzw. eine Kaiserstatue im Jerusalemer Tempel aufstellen zu lassen. Damit wird die Vergötterung innerweltlicher Mächte gerade dort unübersehbar demonstriert, wo eigentlich Gott allein verehrt werden soll. Das gehört nach Aussage von Jesus zur Endzeit dazu, d.h. es ist Kennzeichen einer von Gott abgewandten Welt - einer Welt auf Abruf, weil Gott sein Reich, seine neue Welt anbrechen lassen wird.

Das ganze Kapitel Mk 13/ID 38:02-40:02 hat zusätzlich einen direkten historischen Bezug. Die Entweihung des Tempels, die hier angekündigt wird, trat bereits im Jahr 70 ein, als römische Truppen einen jüdischen Aufstand niederschlugen und dabei auch den Tempel zerstörten.

18. Warum kannte Jesus nicht den Zeitpunkt seiner eigenen Wiederkunft? (Mk 13,32/ID 40:01-02)

Dahinter steckt manchmal die Anfrage, ob Jesus damit nicht zeigt, dass er eben nicht ganz vollkommen, nicht wahrer Gott ist - denn Gott ist allwissend. Dazu ist zu sagen: Jesus hat sich bewusst entschlossen, nur das zu sagen, was er von seinem Vater gehört und empfangen hat, um es zu lehren (Johannes 14,24). Der Zeitpunkt seiner Rückkehr war kein Teil seiner Lehre. Anders als Jesus erleben wir es als unmöglich, in uns aufkommende Gedanken zu kontrollieren, aber er hatte vollkommene Kontrolle über sein menschliches Bewusstsein und konnte willentlich alles das ausschließen, was er nicht zu lehren beauftragt war.

19. War die Dunkelheit eine Sonnenfinsternis? (Mk 15,33/ID 46:03)

Es gibt die These, dass die Dunkelheit über dem Kreuz durch eine plötzliche Sonnenfinsternis verursacht wurde. Das ist allerdings nicht möglich. Jesus wurde zur Zeit des jüdischen Passafestes gekreuzigt, das immer zur Zeit des Vollmonds stattfindet. Zu dieser Zeit befinden sich die Himmelskörper fast in einer geraden Linie, in dieser Reihenfolge: Sonne - Mond - Erde. Die plötzliche Dunkelheit verdeutlicht, dass der Tod von Jesus eine besondere, außergewöhnliche Bedeutung hatte. Nach der Überzeugung des Markusevangeliums ist der Grund klar: Der Tod des Sohnes Gottes erschüttert sogar die Natur.

20. Wie lässt sich das Ende des Markusevangeliums erklären? (Mk 16/ID 47:03-48:04)

Es besteht ein weitgehender Konsens, dass das Markusevangelium mit Mk 16,8/ID 48:01 endet. Es ist ein brillantes Ende und passt gut zu dem raschen Einstieg, den Markus in Kap.1 mit dem Bericht über die Taufe von Jesus wählt. Obwohl die Frauen das leere Grab gesehen haben und die Botschaft von der Auferstehung von Jesus gehört haben, fliehen sie - und zwar "zitternd vor Furcht und Entsetzen", weil sie noch nicht vollständig erkannt haben, wer Jesus ist, warum er kam und was es heißt, ihm zu folgen. Ähnlich geht es ja auch Petrus, der Jesus dreimal verleugnet (Mk 14,66-72/ID 44:02-04), bis er ihn dann nach dessen Auferstehung neu erkennt. Die Frauen beginnen erst zu ahnen, was passiert ist, und so fliehen sie. Das abrupte Ende provoziert die Frage: "Hast du schon erkannt, wer Jesus ist - dass er auferstanden ist?" Eventuell wurde auch in den frühen christlichen Gemeinden, in denen das Markusevangelium vorgelesen wurde, nach Verlesung dieser Verse bewusst Raum gelassen für mündliche Berichte aus erster Hand, die Begegnungen mit dem Auferstandenen bezeugen.

Die Verse 9-19/ID 48:01-04 sind wahrscheinlich Versuche späterer Schreiber, das Ende des Markusevangeliums dem Ende der anderen Evangelienschriften auch formal stärker anzugleichen. Schon der Stil des Griechischen ist in diesen Versen allerdings anders als im vorangegangenen Text, und sie tauchen in den ältesten Handschriften nicht auf. Sie sind also nicht Teil des ursprünglichen Textes; wir sollten sie daher als Kommentar oder interessante Fußnote behandeln.